Bartagamen

Haltung von Bartagamen

Im Internet und der Fachliteratur finden Sie viele Informationen zum Verhalten der Tiere, Tipps zum Terrarienbau etc. und leider auch viele fehlerhafte Angaben zur Haltung von Bartagamen. Um haltungsbedingten Krankheiten vorzubeugen und Ihnen eine freudenreiche und lange Zeit mit den Tieren zu ermöglichen, werden im Folgenden die wichtigsten Aspekte zur Haltung angesprochen. Das Nichtbefolgen führt nicht zwangsläufig zum Erkranken der Tiere, jedoch sichert das Befolgen dieser Ratschläge artgerecht gehaltene und gesunde Tiere. Diese Hinweise beruhen auf der Erfahrung mit vielen Tausend Bartagamen.

Terrariengröße und Besatz

  • Geschlechterverhältnis: nie mehr als ein Männchen im Terrarium, bei gemischter Haltung idealerweise mehr als ein Weibchen, also z.B. 1,2 oder 1,3; für Einzelhaltung am besten ein Männchen (günstiger, großer Überschuß, keine Probleme mit Eiablage etc.)
  • Besatzdichte: auch bei Jungtieren nicht mehr als 5 Tiere in einem Becken (Streß, Verstümmelungsgefahr)
  • Größenverhältnis: Tiere sollte etwa gleich groß sein; Trennung bei ungleichmäßigem Wachstum
  • keine Vergesellschaftung mit anderen Arten (z.B. Dornschwanzagamen etc.)
  • Terrariengröße bei Einzelhaltung:

P. vitticeps mindestens 150cm x 50cm

P. henrylawsonii mindestens 120cm x 50cm

bei Gruppenhaltung: Terrariengröße anpassen, mehrere Etagen, mehrere Sonnenplätze, die nach Möglichkeit nicht voneinander einsehbar sind, Blickbarrieren, mehrere Versteckmöglichkeiten (flache enge Felsspalten, unterirdische Höhlen, Rinden und Holz)

Die Haltungsbedingungen der anderen, jedoch in Deutschland kaum gehaltenen, Bartagamenarten sind größenabhängig denen der oben genannten anzupassen.

Bodengrund

  • Es empfiehlt sich eine hohe Sandschicht (mindestens 10cm, besser 20cm), um den Tieren die Möglichkeit zu geben, sich enge Höhlen zu graben. Besteht aufgrund der Bauweise des Terrariums nicht die Möglichkeit, es auf diese Höhe zu füllen, so können Abtrennungen, Kisten etc. eingebracht werden, um stellenweise eine höhere Sandschicht zu ermöglichen. Der Sand sollte in der Tiefe leicht feucht gehalten werden (gelegentliches gießen, zusätzlich zum täglichen Besprühen), da die Tiere in klammen (nicht nassen) Höhlen schlafen. So kann bei trockener Oberfläche ein besseres Klima im Terrarium aufrecht erhalten werden. Eine Vermischung mit Lehmpulver/Lehmsand ist sinnvoll, sofern die Grabfähigkeit und Feuchtigkeitspeicherkapazität erhalten bleibt. Dies führt oft zu einer Verfärbung der Tiere; eine eventuelle Ablagerung von Lehmstaub in den Atemwegen ist möglich.

  • Der Sand darf in keinem Fall Calcium enthalten (Vogelsand, künstlicher Calciumsand etc.), da dies die Aufnahme von Sand stimuliert und zu schweren Verstopfungen führen kann. Neben "Terrariensand" ist Spielsand gut geeignet (kann zum Entstauben vorher gewaschen werden). Flußsand ist Bruchsand vorzuziehen, eventuelle Scharfkantigkeit kann unter dem Mikroskop oder per "Reibeprobe" in der Hand festgestellt werden.

Einrichtung

  • Ausnutzung des Terrarienvolumens durch Klettermöglichkeiten und Sichtbarrieren
  • keine Gift- oder Kunststoffpflanzen (werden gerne gefressen)

  • Steinaufbauten/-höhlen stets auf den Terrarienboden stellen um Einsturzgefahr zu vermeiden

  • Bei dem Einsetzen von Rückwänden sollte beachtet werden, daß diese leicht gereinigt werden können.

  • Auf den Einsatz von potentiell gesundheitsschädlichen Klebern etc. sollte verzichtet werden. Auch Klebeband kann eine Gefahrenquelle darstellen

Feuchtigkeit / Wasser

  • Auch wenn Bartagamen kaum trinken, ist eine Wasserschale, die täglich zu reinigen ist, zur Verfügung zu stellen. Gelegentliches Baden der Tiere in lauwarmem Wasser ist nicht nur anregend (Kotabsatz, Appetit, Aktivität) sondern dem Feuchtigkeitshaushalt der Tiere zuträglich. Am wichtigsten ist die Feuchthaltung des Bodengrundes.

Fütterung

  • Die allgemein empfohlene Fütterung (Zoofachgeschäfte, Bücher, Internet) ist der Gesundheit der Tiere abträglich (Leberverfettung, frühzeitiges Nierenversagen, verminderte Lebenserwartung)

  • besser energie- und eiweißarme Fütterung: >80% herbivor

  • Löwenzahn, Wegerich, (Süß-)Klee, Giersch und weitere Garten- und Küchenkräuter (wegen Oxalsäuregehalt kein Sauerampfer, Rhabarber etc.), besonders kalziumreich: Kapuzinerkresse (wächst schnell, blüht schön), Leckerbissen: Löwenzahnblüten, Gänseblümchen, Kapuzinerkresseblüten etc.

  • "Salate" haben im Allgemeinen ein schlechtes Ca/P-Verhältnis, Ausnahme: Latuga romana (Römersalat)

  • kein Obst, bzw. nur ausnahmsweise kleine Mengen, wenig "Gemüse" (Paprika, Gurke, Möhre etc.), kein Mais! (kann zu schweren Verstopfungen führen, viel zu energiereich)

  • diverse Insekten in Maßen (Heuschrecken, Grillen, Schaben etc.), keine Larven (Zophobaslarven, "Mehlwürmer", Wachsmottenlarven etc.) da diese zu fett- und proteinreich sind und teilweise schlecht verdaut werden; nicht selten führt das Anbieten von Mehlwürmern in einer Schale zum Überfressen und sogar zum Tod der Agamen

  • Jungtiere dürfen regelmäßiger Insekten bekommen, für ausgewachsene Tiere reichen beispielsweise 2 Heuschrecken pro Woche.

  • auf "Bartagamenfutter" sollte wegen ungünstiger Zusammensetzung verzichtet werden

  • Fastentage einlegen

  • keine Mäuse verfüttern

  • Calcium (nicht Vitaminpulver) ad libitum zur Verfügung stellen (Sepiaschulpkrümel in einer Schale, nicht im Sand )

  • zusätzliche Vitaminversorgung, idealerweise Korvimin ZVT+Reptil ®, nicht ins Trinkwasser, Futtertiere immer einstäuben

Beleuchtung

  • Licht und Wärme kann durch unterschiedliche Lampentechniken erzeugt werden. Es empfiehlt sich unbedingt eine Metalldampflampe mit separatem Vorschaltgerät als Sonnenlampe einzusetzen. Weitere Beleuchgung kann mit Leuchtstoffröhren, Halogen oder LED erreicht werden.  Lesen Sie auch die Informationsseite zur Beleuchtung!

  • Neben einer mehrstündigen direkten (Glas filtert UVB-Strahlen) Bestrahlung mit Sonnenlicht ist die zusätzliche, tägliche, halbstündige Bestrahlung mit 300W starken UV-Strahlern (Osram Ultravitalux ® oder Radium Sanolux ®) aus ca. 70cm Abstand unübertroffen. Diese Prozedur ist zwar etwas aufwendiger, sichert aber die ausreichende UVB-Versorgung der Tiere.

Beheizung

  • Bei ausreichender Beleuchtung durch wärmeliefernde Lampen kann auf eine zusätzliche Beheizung meist verzichtet werden. Heizmatten und -kabel stellen ein Sicherheitsrisiko dar, zumal eine Erwärmung von unten unnatürlich ist. Wärme wird mit Licht assoziiert, daher sind auch Keramik- und Infrarotstrahler selten sinnvoll.

  • Die Grundtemperatur im Terrrarium sollte je nach Jahreszeit um die 25-35°C betragen, fokal an den Sonnenplätzen sollten 45°C herrschen. Wichtig ist jedoch die Schaffung eines Temperaturgradienten (Temperaturgefälles), so daß die Tiere sich jederzeit in kühlere Bereiche zurückziehen können.

Freilauf

  • Auch wenn Bartagamen recht streßunempfindliche Tiere sind, so ist das Laufenlassen in der Wohnung nicht anzuraten. Als territorial lebende Tiere sollte vielmehr für eine artgerechte Haltung in einem ausreichend eingerichtetem und großem Terrarium gesorgt werden. Neben den Gefahren von Verletzungen, Entweichen und der Fremdkörperaufnahme spricht die hohe Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung einer Infektionskrankheit (Lungenentzündung) gegen einen Freilauf.

Winterruhe

  • In den Herkunftsgebieten aller Bartagamenarten wird es im australischen Winter recht kühl. Eine Überwinterung ist in jedem Falle und (im Gegensatz zu den Empfehlungen von "Züchtern" und Händlern) vor allem bei Jungtieren für eine gesunde Entwicklung notwendig und hat Einfluß auf den Hormonhaushalt und das Immunsystem. Eine fehlende Wachstumspause ist eine gute Voraussetzung für das Entstehen rachitischer Erkrankungen.

  • Im Spätsommer werden Beleuchtungsdauer und /-stärke verringert, bis hin zum völligen Abschalten. Die Tiere werden inaktiver und fressen weniger bis zur völligen Inappetenz, ohne jedoch Gewicht zu verlieren. Im Idealfall vergraben sich die Tiere für etwa zwei Monate und kommen nach dem allmählichen Wiedereinschalten der Beleuchtung wieder zum Vorschein.

  • Fehlt der jahreszeitliche Klimawechsel, kommt es unkontrolliert zum selbständigen Drang der Tiere zu überwintern, was bei gleichbleibenden Temperaturen zu Gewichtsverlust und Erkrankung der Tiere führen kann

Fortpflanzung

  • Während die Femoralporen selten eine genaue Aussage über das Geschlecht der Tiere zulassen, erkennt man bei männlichen Tieren (R) die bei den Weibchen (M) fehlenden Wülste der Hemipenes im Schwanzwurzelbereich
  • Da Bartagamenböcke recht rabiat und aufdringlich sein können, ist in manchen Fällen eine zeitweise Trennung der Tiere vonnöten, wenn die Weibchen keine ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten haben. Insbesondere zur Eiablage sollte das Tier möglichst wenig Streß ausgesetzt sein.
  • Weibchen können im Jahr mehrere Gelege anbilden. Es kann auch zur Bildung unbefruchteter Gelege kommen, aber es können durch Samenspeicherung auch befruchtete Gelege gebildet werden, wenn länger kein Männchen mehr vergesellschaftet war.

  • Die Entwicklung der Eier (1-2 Monate) sollte beobachtet werden, um Komplikationen, die einen operativen Eingriff notwendig machen (Follikelstasis, präovulatorische Legenot, geplatzte Follikel) rechtzeitig zu erkennen.

  • Streß (auch durch neugieriege Halter verursacht), Calciummmangel, mangelhafte Ablagemöglichkeiten etc. können eine Legenot verursachen, die tierärztlich behoben werden muß. Vor dem Einsetzen von Hormonen ist jedoch nicht nur eine ausreichende Calciumversorgung des Tieres sicherzustellen, sondern auch die Art der Dystokie zu diagnostizieren.

  • Vor der Eiablage stellt das Weibchen die Nahrungsaufnahme ein (alleine schon weil kein Platz mehr im Bauch ist). Nach einigen Tagen von Probegrabungen, wird es die Eier in eine Höhle legen und diese verschließen. Dabei darf sie in keinem Fall gestört werden. Legt das Weibchen einzelne Eier oder stoppen die Grabungen, ohne daß Eier gelegt worden sind, ist das Tier tierärztlich zu untersuchen und gegebenenfalls zu behandeln.

  • Die Eier sind je nach Geschlechterwunsch bei 26-28°C zu bebrüten, entsprechend der Methode anderer Echseneier. Vorher ist jedoch zu bedenken, was mit den Jungtieren geschehen soll, denn so sinnvoll und freudebringend eine Nachzucht normalerweise auch ist, werden mehr Bartagamen nachgezogen, als artgerecht untergebracht werden können.

  • Brüten Sie die Eier nur aus, wenn Sie wissen, was nachher mit dem Nachwuchs geschehen soll. Es gibt inzwischen mehr Bartagamen als gute Haltungen.
  • Zur Vorbeugung von Legenot und um die Lebenserwartung der Weibchen zu verlängern empfiehlt sich eine Kastration der Tiere. Dies ist ein völlig risikoarmer Routineeingriff.

Krankheiten

  • Jegliche Art von Erkrankung kann nur durch einen spezialisierten Tierarzt sicher diagnostiziert und therapiert werden. Freiverkäufliche Arzneimittel aus dem Zoofachhandel sind meist wirkungslos bzw. sogar schädlich. Dies schließt Pflegemittel, Ergänzungsfuttermittel und Milbenbekämpfungsmittel ein.

  • Um das Einschleppen von Parasiten zu vermeiden ist ein neues Tier stets zu quarantänisieren und der (frische) Kot tierärztlich untersuchen zu lassen.