Winterruhe

Je nach Herkunftsgebiet legen viele Tiere in der kalten Jahreszeit eine Pause ein. Die Tiere fallen in eine Art Kältetarre, eine Winterruhe. Die Herzfrequenz und Atmung werden extrem heruntergefahren, der Energieverbrauch wird dadurch auf ein Minimum reduziert. Wie bei unseren einheimischen Reptilien ist dies die beste Möglichkeit, die für wechselwarme Tiere lebensfeindliche und futterlose Jahreszeit zu überstehen. Da die Natur dies im physiologischen Lebensablauf vorgesehen hat, wäre es nicht nur falsch, sondern schädlich für die Tiere, wenn wir sie an dieser Ruhepause hindern würden, nur weil wir durch Terrarientechnik die Möglichkeit haben, einen 365 Tage langen Sommer zu erhalten.

Durch die Hibernation wird nämlich nicht nur dem Winter aus dem Weg gegangen, er ist auch unverzichtbar für ein intaktes Immunsystem, korrektes Wachstum und einen ausgewogenen Hormonhaushalt. Wird die Winterruhe ausgelassen, sinkt die Lebenserwartung der Tiere. Es ist schlichtweg falsch, daß eine Winterruhe nur notwendig ist, wenn eine Zucht beabsichtigt wird. Sogar Jungtiere müssen überwintern! Genauer gesagt: gerade für Jungtiere ist diese Wachstumspause notwendig. Eine rachitisch verkrümmte Wirbelsäule in einer Echse oder ein viel zu großer Panzer an einer jungen Schildkröte wären sonst die Folge.
Lediglich kranke, trächtige oder stark abgemagerte Tiere sollten wach bleiben. Allerdings wäre es auch falsch, die Tiere vorher zu "mästen", denn fette Tiere können durch verstärkten Fettabbau während der Winterruhe erkranken.

Bei der Winterruhe handelt es sich nicht um einen Winterschlaf, wie ihn manche Säugetiere durchführen, sondern um eine eine klimabedingte Zeit der verminderten Aktivität bis zur Kältestarre. Da der Organismus heruntergefahren ist, "verbrennt" er auch weniger, die Tiere verlieren kaum Gewicht, obwohl sie monatelang nicht fressen. Auch ist es unproblematisch, die Tiere zwischendurch zu untersuchen und zu wiegen, denn um wirklich "wach" zu werden, müßten sie erst wieder aufgewärmt sein, was bei einer kurzen Untersuchung nicht geschieht. Das heißt jedoch nicht, daß man die Tiere ständig stören sollte!

Die Bereitschaft zur Winterruhe wird durch äußere Einflüsse ausgelöst. Dies sind insbesondere Licht und Temperatur. Deswegen ist es wichtig, daß wir den natürlichen Rhythmus der Natur nachahmen und uns dabei an den Begebenheiten im Herkunftsland der Tiere orientieren. Zwar haben die Tiere auch eine Art "innere Uhr", und sie nehmen wohl auch den Jahreszeitewechsel außerhalb des Terrariums wahr, doch vor allem durch die Verkürzung der Beleuchtungsdauer, Verringerung der Wärmezufuhr, dies alles nicht plötzlich, sondern im Laufe von ein paar Wochen, kommen die Tiere in Überwinterungsstimmung. Die Aktivität nimmt ab, bis die Tiere die Nahrungsaufnahme einstellen und sich irgendwann zurückziehen. Leopardgeckos beispielsweise bleiben auch bei abgeschaltetem Licht noch aktiv, sind jedoch längst nicht mehr so agil und hungrig, wie im Sommer. Bei Bartagamen kann es passieren, daß sich diese vergraben und monatelang nicht blicken lassen. Auch hier ist nach wie vor darauf zu achten, daß der Bodengrund in der Tiefe leicht feucht ist, damit der Flüssigkeitshaushalt nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.
Spätestens einige Wochen bevor die Tiere in die Winterruhe gehen, sollte noch eine Kotuntersuchung durchgeführt werden, um die Tiere für die Wintermonate, in denen kaum Darmtätigkeit stattfindet, von eventuellen Parasiten zu befreien. Von einer Entwurmung ohne vorherige Kotuntersuchung ist jedoch abzuraten, da so krankmachende Einzeller weder entdeckt, noch eliminiert werden können. Nach einer eventuellen Behandlung müssen die Tiere noch mindestens zwei Wochen aktiv sein, Nahrung aufnehmen und Kot ausscheiden, damit die abgetöteten Parasiten nicht im Tier verbleiben.
Ein Fehler, der häufig gemacht wird, wäre, den Tieren nichts mehr zu futtern zu geben. Wir wollen aber nicht die Tiere hungern lassen, sondern sie werden von alleine weniger fressen, wenn die Temperaturen sinken und die Beleuchtungszeit abnimmt. Es sollten jedoch keine "Leckereien" (z.B. Heuschrecken für Bartagamen oder Blüten für Landschildkröten) mehr angeboten werden, die den Appetit unnötig steigern.
Eine regelmäßige Gewichtskontrolle ist wichtig, denn Gewicht sollten gesunde Tiere in einer korrekt durchgeführten Winterruhe nicht verlieren (in der Vorbereitungsphase werden die Tiere, insbesondere Pflanzenfresser, durch den nicht mehr gefüllten Darm etwas Gewicht verlieren).

Bei der Überwinterung sind wie bei der Haltung im Allgemeinen die artabhängigen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Bei Leopardgeckos und Kornnattern beispielsweise reicht es aus (nach entsprechender Vorbereitungszeit) "den Stecker zu ziehen"; andere häufig gehaltene Arten wie Halsbandleguane jedoch gedeihen besser mit einer Überwinterung im Kühlschrank. Manchmal gibt es auch Ausnahmen innerhalb einer Gattung oder sogar Art, die aufgrund unterschiedlicher Verbreitungs- und damit Klimagebiete anders oder gar nicht überwintert werden, wie ihre nahen Verwandten (manche Strumpfbandnatterarten oder Unterarten der Maurischen Landschildkröte). Daher kann an dieser Stelle keine allgemeingültige Anleitung gegeben werden.

Da bezüglich der Überwinterung von Schildkröten am meisten Unklarheiten aufkommen, möchte ich jedoch an dieser Stelle ausführlicher darauf eingehen:

Manche Sumpf- bzw. Wasserschildkröten kommen aus tropischen Regionen und benötigen keine Winterruhe, im Gegenteil, viele sind sehr kälteempfindlich. Andere Arten jedoch, wie die Europäische Sumpfschildkröte Emys orbicularis oder viele der nordamerikanischen Schmuckschildkröten der Gattung Chrysemys oder Trachemys (dazu gehört auch die bekannte Rotwangenschmuckschildkröte) halten eine Winterruhe. Diese Tiere kommen aus Nordamerika und haben teilweise dort ein großes Verbreitungsgebiet. Wenn man also nicht genau weiß, wo die Schildkröten oder deren Ahnen herkommen, sollte man äußerst vorsichtig vorgehen. Falsch wäre es jedoch den Arten, die in der Natur eine Winterruhe einlegen, ihnen diese vorzuenthalten! 


Leider muß an dieser Stelle auch auf eine vom Laien leicht zu findende, vom fachlichen Inhalt jedoch katastrophale Seite aufmerksam gemacht werden, damit deren komplett falsche Inhalte nicht versehentlich übernommen werden oder einfach nur verwirren: befolgen Sie im Interesse der Gesundheit Ihrer Tiere nicht die auf www.wasserschildkroete.de beschriebenen Ratschläge.

Leben die Schildkröten in einem gesunden Gartenteich und ist dieser frostsicher, also tief genug (> 1,40 m) können anche Arten durchaus draußen gelassen werden. Ihr Jahreszyklus wird von den natürlichen Begebenheiten gesteuert und die Tiere vergraben sich von alleine. Tiere aus kleinen Teichen und Aquarien hingegen müssen etwas aufwendiger, dafür aber sicherer überwintert werden.
Nachdem die Tiere klimatisch auf die Pause vorbereitet sind, sie die Nahrungsaufnahme eingestellt haben und den Darm entleert haben, gewogen worden sind und im besten Fall parasitenfrei geworden sind und darauf kontrolliert worden sind, daß sie keine Eier mehr in sich tragen, kann man sie in ihre Überwinterungsbecken überführen. Am besten werden die Tiere in einem dunklen, nicht zugigen Raum einzeln in Aquarien oder Plastikwannen gesetzt. Der Wasserstand sollte etwa dem eineinhalbfachen der Panzerbreite entsprechen, ein Landteil mit einfachem Zugang, der bis auf den Boden reicht (Steine, "Entenleiter" o.ä.), sowie Versteck- und Grabemöglichkeiten bietet, darf auch nicht fehlen. Die Wassertemperatur sollte je nach Art zwischen zwei und 14 Grad Celsius betragen, in keinem Fall höher als die Raumtemperatur! Alle zwei Wochen sollten Sie das Wasser wechseln; vermeiden Sie dabei Temperaturunterschiede !
Gelegentlich sollten Sie die Tiere kontrollieren (Bauchpanzer gerötet oder weich, Nasenlöcher feucht, Augen eingesunken/hervorgequollen, Gewichtsverlust etc.), um etwaige Erkrankungen sofort zu entdecken. Nach zwei bis drei Monaten können Sie die Tiere langsam wieder "wecken". Erhöhen Sie die Temperatur innerhalb von ein paar Wochen und setzen Sie sie wieder zusammen in ihr übliches Behältnis. Bedenken Sie, daß zur Nahrungsaufnahme und richtiger Verdauung die Vorzugstemperatur benötigt wird. Es kann also etwas dauern, bis die Tiere wieder normal fressen.
Bei Arten aus wärmeren Gegenden kann auch eine Winterruhe durchgeführt werden, bei der lediglich der Wasserstand verringert wird und die Temperatur erniedrigt wird. Jedoch besteht hier die Gefahr, daß die Tiere zu aktiv bleiben und ihre Energiereserven aufbrauchen.

Für Landschildkröten gilt im Allgemeinen alles oben genannte. Zusätzlich bietet die Haltungsweise hier viele Möglichkeiten, Fehler zu begehen bei einem eigentlich simplen Prozeß, den die Tiere seit vielen Millionen Jahren auch ohne unsere Hilfe meistern (wenn auch meist in anderen klimatischen Regionen). Die folgenden Ausführungen beziehen sich natürlich nicht auf tropische Landschildkröten, sondern europäische Landschildkröten.
Viele Freilandhalter lassen ihre Schildkröten einfach draußen. Diese graben sich ein und kommen dann im Frühjahr (hoffentlich!) wieder heraus. Allerdings birgt diese Methode viele Gefahren. Nicht selten werden Schildkröten in der Praxis vorgestellt, die von Ratten angefressen worden sind oder Erfrierungen erlitten haben. Die Kontrollmöglichkeiten sind viel geringer. Auch sind die Winter in Deutschland nicht gerade von einem konstanten Klima geprägt. Wird es zwischendurch zu warm, wachen die Tiere auf und verbrauchen zuviel Energie. Wenn es dann plötzlich wieder friert, haben die Schildkröten keine Gelegenheit sich wieder einzugraben. Auch im Keller kann es zu starken Temperaturschwankungen kommen. Ständiges Aufwachen ist von Gewichtsverlust und einer niedrigeren Überlebensrate im Frühjahr begleitet.

Daher empfehle ich, auch wenn es für manchen vielleicht befremdlich klingt, die Kühlschrank-Methode, die auch meine Tiere seit vielen Jahren gerne mitmachen. Zuallererst sei daran erinnert, daß es sich bei dem Kühlschrank lediglich um einen kühlen Raum handelt, in dem wir Herr über das Klima sind. Der Vergleich mit einem Menschen im Kühlhaus, der manchen vielleicht naheliegt, ist unpassend, denn draußen vergraben würden wir es sicher auch nicht angenehmer finden. Schildkröten sind keine Menschen.
Am besten haben Sie wegen der Hygiene und Praktikabilität einen eigenen Überwinterungskühlschrank. Haben Sie nur ein Tier, geht die Überwinterung zur Not auch im Küchenkühlschrank.

Die meisten Unsicherheiten gibt es bei der Einleitung der Winterruhe. Aufgrund des milden Herbstes, der meist bei uns vorherrscht, stellen die Tiere zwar ihre Aktivität ein, wollen aber auch noch nicht "schlafen". Das Hereinholen der Tiere im Herbst wäre jedoch ein Fehler, denn dies würde einen jahreszeitlich unpassenden Temperaturanstieg bewirken: Sand im Getriebe der inneren Uhr. Um dann ein Eingraben irgendwo im Gehege und ein eventuelles Nichtwiederfinden der Tiere zu vermeiden, bietet sich an, die Tiere in eine größere Kiste umzusetzen, gefüllt mit Sand, Erde und Laub, in der die Tiere die Lust am laufenden Jahr verlieren, denn diese Kiste wird draußen oder in einem sehr kühlen Raum untergebracht (Ist eine Absicherung gegen Marder, Ratten etc. am Gehege notwendig, dürfen Sie nicht vergessen, auch diese Kiste entsprechend zu sichern). Regelmäßiges Baden hilft bei der Stabilisierung des Flüssigkeitshaushaltes und bei der Entleerung des Darmes. Hier sollte allerdings nicht zu warmes Wasser (20-25 Grad C) verwendet werden, um die Tiere nicht unnötig aufzuheizen.

Anmerkung: Für eine "Entwurmung" wäre es zu diesem Zeitpunkt bereits zu spät. Da tote (und verrottende) Würmer im Bauch schlimmer sind, als lebendige, muß dann auf eine solche Maßnahme verzichtet werden. Nur bei nachgewiesenem Wurmbefall sollten die Tiere entwurmt werden, dies aber solange die Tiere noch meherere Wochen danach aktiv sind, um die toten Parasiten auch auszuscheiden. Haben Sie den Zeitpunkt verpaßt und der Herbst kam schneller als erwartet, empfiehlt es sich, die Behandlung im Frühjahr nachzuholen. Damit das gehege nicht direkt mit Wurmeiern "verseucht" wird, kann man die Tiere zuerst in einem provisorischen Gehege (draußen!) auswintern und nach der Behandlung umsetzen. 

Haben sich die Tiere nun in dieser Kiste vergraben und nicht mehr aktiv, sind sie bereit zum "Umtopfen": In einer Kiste (z.B. Kunststoff mit Luftlöchern), z.B. gefüllt mit (Erde,) Moos und Buchenlaub können die Tiere die Wintermonate bei konstanten vier bis sechs Grad Celsius hervorragend überstehen. Selbstverständlich sollte ein Thermometer im Kühlschrank vorhanden sein. Sinnvoll ist es, die Kiste ohne Tier schon ein paar Tage bevor sie bezogen wird im Kühlschrank unterzubringen und sie bzw. den Kühlschrank am besten mit einem elektronischen Thermometer auf die richtige Einstellung zu kontrollieren.
Da kalte Luft kaum Feuchtigkeit speichern kann und daher recht trocken ist, ist es wichtig, das Substrat etwas feucht zu halten, denn die trockene Luft würde den Lungen der Tiere auf die Dauer schaden. Nass dürfen die Tiere selbstverständlich auch nicht liegen. Hierfür bietet sich kommerziell erhältliches Sphagnum-Moos bestens an, das bei Bedarf leicht engesprüht werden kann. Das tägliche Öffnen des Kühlschrankes reicht für einen Luftaustausch völlig aus (die Tiere atmen kaum).

Ist die Kiste dann bezogen (am besten pro Tier eine Kiste), sollten auch die Tiere gelegentlich kontrolliert und gewogen werden. Auch hier ist auf Gewichstverlust oder Verfärbungen im Panzer, Veränderungen an den Augen etc. zu achten. Verliert das Tier mehr als 10% seines "Leergewichtes" (dem Gewicht beim Einsetzen in die Überwinterungskiste, nachdem das Tier seinen Darm weitgehend entleert hat) oder treten Einblutungen im Panzer auf, muß die Winterruhe abgebrochen werden und das Tier sollte tierärztlich untersucht werden. Ist das Tier aktiv im Kühlschrank (Kratzgeräusche wahrnehmbar) ist meist die Temperatur zu hoch.

Nach vier Monaten, wenn der Frühling wieder kommt, dürfen auch die Schildkröten langsam wieder aufwachen (bei früherem Erwachen muß die Winterruhe abgebrochen und die warme Jahreszeit vorgezogen werden). Das sollte auch langsam geschehen, durch langsames Erhöhen der Temperatur und Beleuchtungszeit, bzw. durch das langsam schöner werdende Frühlingswetter. Bis die Tiere zu fressen beginnen können dann noch 2 Wochen vergehen. Warme Bäder lassen die Tiere Flüssigkeit aufnehmen und regen sie an. Sollten sie direkt ins Freilandgehege kommen und nicht zwischenzeitlich im Keller o.ä. untergebracht sein, darf man nicht vergessen, daß es auch zwischendurch wieder kalt werden kann. Eine (evtl. thermostatgesteuert beheizte) Schutzhütte oder ein Frühbeetkasten sind da von großem Vorteil, um das Frühjahr etwas milder zu gestalten.

Im Idealfall können Sie so Ihre Schildkröten gesund und sicher und ohne erwähnenswerten Gewichtsverlust über den Winter bringen. Wenn die Tiere gut schlafen, können Sie sie in diesem Zustand belassen, bis das Wetter wieder halbwegs schildkrötengerecht ist. Die Dauer der Winterruhe sollte nach Möglichkeit drei Monate nicht unterschreiten (auch bei Jungtieren!) und kann bei stabilen Tieren auch verlängert werden.

 

Die Überwinterung von europäischen Landschildkröten

Europäische Landschildkröten, wie die Griechische (Testudo hermanni), die Maurische (Testudo graeca) oder die Vierzehen-Landschildkröte (Agrionemys (Testudo) horsfieldii) legen in der kalten Jahreszeit eine Ruhephase ein. Die Herzfrequenz und Atmung werden extrem heruntergefahren, der Energieverbrauch wird dadurch auf ein Minimum reduziert. Wie bei unseren einheimischen Reptilien ist dies die beste Möglichkeit, die für wechselwarme Tiere lebensfeindliche und futterlose Jahreszeit zu überstehen. Dies ist ab dem ersten Lebensjahr notwendig, denn durch die Hibernation wird nicht nur dem Winter aus dem Weg gegangen, sie ist zudem auch unverzichtbar für ein intaktes Immunsystem, korrektes Wachstum und einen gesunden Hormonhaushalt. Wird die Winterruhe ausgelassen, sinkt die Lebenserwartung der Tiere und bei Jungtieren kommt es durch zu schnelles Wachstum zu Verkrüppelungen. Daher dürfen die Tiere keineswegs den Winter im Terrarium oder der Wohnung verbringen. Niedrige Temperaturen sind Voraussetzung für eine schadlose Überwinterung. Bei einer optimalen Haltung europäischer Landschildkröten befinden sich die Tiere ganzjährig im Freigehege und werden lediglich zur Überwinterung in den Kühlschrank befördert. Eine Übergangsphase im Haus ist keineswegs anzuraten, denn hierdurch kann sich der Organismus nicht korrekt auf die Winterstarre vorbereiten.





Nur tropische Arten oder diese Tunesische Landschildkröte (Testudo graeca nabeulensis) 
dürfen den Winter über wach bleiben.


 

Da bei der Überwinterung im Freigehege viele Gefahren lauern, wie zum Beispiel Fraßverletzungen durch Ratten und es auch im Keller zu starken Temperaturschwankungen kommen kann, ist der sicherste Ort für die Überwinterung der Kühlschrank. So können alle Parameter durch den Halter selbst bestimmt und gesteuert werden, und er hat die Möglichkeit die Tiere regelmäßig zu kontrollieren.
Für uns "Säugetiere" ist dies natürlich eine befremdliche Vorstellung, wir haben Mitleid mit den Tieren in der Kälte und möchten sie schon gar nicht in den Kühlschrank legen. 
Daher wird im Folgenden die korrekte Vorgehensweise zur Einwinterung von europäischen Landschildkröten erläutert. 

ALLE gesunden europäischen Landschildkröten müssen überwintern. Auch Jungtiere, die nur wenige Wochen alt sind, können bereits eine mehrmonatige Winterruhe verkraften, genauer gesagt ist diese der gesunden Entwicklung sehr zuträglich. Lediglich kranke, trächtige oder stark abgemagerte Tiere sollten vorerst wach bleiben und können dann ggf. verspätet eingewintert werden. Die "licht- und wärmebetriebenen" Reptilien stellen mit abnehmenden Temperaturen und kürzer werdenden Tagen die Nahrungsaufnahme langsam ein. Da sich in ihrem Verdauungstrakt die Nahrung einer gesamten Woche befindet, verlieren die Tiere somit vor der Winterruhe scheinbar an Gewicht. Durch Bäder werden die Tiere zum Kotabsatz angeregt und zusätzlich besteht auch die Möglichkeit der Flüssigkeitsaufnahme. Auch während dieser Zeit soll Futter angeboten werden; die Tiere werden von alleine weniger bis nichts mehr fressen. Ein "Winterspeck" sollte nicht angefressen werden, denn hierdurch könnten sogar organische Schäden entstehen. Im Idealfall werden die Tiere vom anfänglichen "Leergewicht" gar nichts verlieren. 

Vorbereitung 
Einige Wochen vorher jedoch ist es ratsam eine Kotuntersuchung durchführen zu lassen. Hierbei können eventuelle parasitäre Infektionen aufgedeckt und gegebenenfalls behandelt werden. Eine prophylaktische Wurmbehandlung ohne Untersuchung ist nicht sinnvoll, da so andere Parasiten nicht entdeckt werden können und eventuell Schildkröten mit Medikamenten behandelt werden, die sie gar nicht brauchen. Allerdings sollten auch bei einem positivem Befund, also wenn Würmer oder Wurmeier gefunden werden, nur Tiere behandelt werden, die noch aktiv sind und fressen. Abgetötete Würmer sollten noch ausgeschieden werden können, also sollte noch mindestens zwei Wochen nach der Wurmbehandlung Kotabsatz stattfinden. 

Durch thermostatgesteuerte Frühbeete lässt sich der Spätsommer noch etwas verlängern, jedoch muss man mit sinkenden Temperaturen damit rechnen, dass die Tiere bald immer inaktiver werden, jegliche Aktivität einstellen und sich beginnen einzugraben. Ist das Gehege zu groß oder unübersichtlich empfiehlt es sich dann oft, die Tiere in eine Einwinterungskiste (die selbstverständlich auch draußen und regensicher stehen sollte) zu überführen, um zu vermeiden eingegrabene Tiere eventuell nicht auffinden zu können. In einem Gemisch aus Erde und Laub können sich die Schildkröten dann darin eingraben. Sind sie dann mehrere Tage verschwunden, sind sie bereit für den Umzug in den Kühlschrank.

Die Überwinterungskiste und der Kühlschrank
Als Kiste eignet sich am besten eine Kunststoffkiste mit vielen Luftlöchern. Staunässe sollte vermieden werden, wie auch Schimmelbildung (im Falle von Holz- oder Pappschachteln). Eine handelsübliche Aufbewahrungsbox aus dem Baumarkt (mit einem Lötkolben lassen sich leicht Luftlöcher produzieren) ist ebenso geeignet wie diverse Kisten aus dem Zoofachhandel.
Bevor die Tiere in die Kiste eingebettet werden, sollten sie sich nicht nur selbst eingewintert haben, es ist auch ratsam die Kiste vorher "probelaufen" zu lassen. Die fertig eingerichtete Kiste wird mit einem Thermometer versehen (am besten eine Sonde eine elektronischen Thermometers außerhalb des Kühlschrankes), um zu kontrollieren, wie hoch die tatsächliche Temperatur in der Kiste ist und ob diese konstant ist. In vielen Kühlschränken kommt es zu starken Temperaturschwankungen und auch nicht an jeder Stelle im Kühlschrank ist die Temperatur gleich. Die optimale Überwinterungstemperatur beträgt 2-6° C. Temperaturen unter 0° C sollten vermieden werden um Frostschäden zu vermeiden, bei höheren Temperaturen kommt es häufig zu Gewichtsverlust und anderen Problemen.
Die Füllung der Kiste kann aus verschiedensten Materialien bestehen. Grobe Hobelspäne (kein Kleintierstreu) sind geeignet, ebenso wie Kokosfaser-Sand-Gemisch, Buchenlaub (oder ähnliches ungiftiges, wenig moderndes Laub) sowie Sphagnum-Moos. Letzteres lässt sich im Zoofachhandel getrocknet erwerben. Es hat den Vorteil, dass die Tiere leicht zur Routinekontrolle herauszunehmen sind und gut Feuchtigkeit speichert. Da die Luft im Kühlschrank sehr trocken ist (kalte Luft kann weniger Wasser binden als warme) und somit auf die Dauer schädlich für die Tiere sein könnte, sollten die Tiere leicht feucht (nicht nass!) eingepackt sein.




Winterruhekontrolle: In angefeuchtetem Sphagnum-Moos sind die Tiere gut eingebettet. 
Bei den regelmäßigen Kontrollen wird das Gewicht notiert. Die Sonde eines elektrischen 
Thermometers befindet sich in der Kiste selbst, so dass stets die tatsächliche Temperatur 
abgelesen werden kann ( 2° - 6° C).


 

Haben sich die Tiere dann bei ca. 10° C komplett verkrochen, sind sie bereit "umgetopft" zu werden, nach Möglichkeit jedes Tier in eine eigene Kiste. Mit der Kiste werden sie nun im Kühlschrank untergebracht. Hierzu ist jeglicher Kühlschrank geeignet. Besser ist es einen separaten Kühlschrank zu verwenden, oder einen Flaschenkühlschrank im Keller, zur Not ist aber auch der Küchenkühlschrank geeignet. Auf Sauberkeit sollte geachtet werden (siehe auch die Hinweise über Salmonellen auf www.agark.de/veroeffentlichungen/veroeffentlichungen.html). Geräusche und Erschütterungen stören die Schildkrötenruhe jedoch kaum. 

Regelmäßige Kontrollen
Eine regelmäßige Kontrolle der Tiere ist wichtig, um Probleme rechtzeitig erkenne zu können und Verluste zu vermeiden. Hier ist zu bedenken, dass es sich um keinen Schlaf im eigentlichen Sinne handelt. Wir wecken die Tiere also nicht, wenn wir sie kurz aus der Kiste herausnehmen, selbst wenn sie leichte Reaktionen zeigen. Es handelt sich um eine Kältestarre und wenn die Tiere nicht "aufgetaut" werden, wachen sie auch nicht auf.
Bei diesen Kontrollen, die alle 7-14 Tage stattfinden sollten, werden die Tiere gewogen und das Gewicht notiert und verglichen (im Idealfall verlieren die Tiere gar kein Gewicht; ab einem Verlust von 10 Prozent oder mehr sollten Sie Ihren Tierarzt konsultieren). Des weiteren ist der Panzer auf Erweichungen und Rötungen zu kontrollieren, die Augen (eingesunken, hervorgequollen, Ausfluss etc.) sowie die Nasenlöcher. Ist alles in Ordnung werden die Tiere zurückgesetzt und das Moos gegebenenfalls neu angefeuchtet.
Je nach Größe des Kühlschrankes reicht die durchgeführte Belüftung aus, kleinere Geräte können öfter geöffnet werden.




Der Panzer der Tiere sollte regelmäßig kontrolliert werden. Leichte Rötungen können 
sich unbehandelt schnell zu schweren Einblutungen mit Erweichung des Panzers entwickeln.


 

Dauer der Winterruhe und Frühlingserwachen
Wenn das Wetter im Frühjahr wieder schildkrötenfreundlich wird, können die Tiere aus dem Kühlschrank wieder ins Gehege überführt werden. Auch hier ist ein Frühbeetkasten sinnvoll, um die Schildkröten vor eventuellen Temperatureinbrüchen zu bewahren. Die Dauer der Winterruhe richtet sich nach der unseres Winters. Wecken wir die Schildkröten zu früh, müssen sie zwangsweise in Übergangsbehältern untergebracht werden, was zu vermeiden sein sollte. Ruhezeiten von acht Wochen bis zu sechs Monatensind akzeptabel.
Bis die Tiere dann wieder zu fressen beginnen können noch 2 Wochen vergehen. Warme Bäder lassen die Tiere Flüssigkeit aufnehmen und regen sie an.

Es gibt wie erwähnt viele Methoden Schildkröten zu überwintern. Mit der beschrieben Technik können Sie Ihre Pfleglinge jedoch sicher über den Winter bringen. 
Auch wenn manche Tiere bereits seit 50 Jahren im Garten überwintern oder sogar noch nie überwintert haben, ist es nie zu spät die Vorgehensweise zu verbessern.